Digitales Naturkosmetik Camp 2020 - Rückblick
NaturkosmetikCamp-Veranstalter Wolfgang Falkner blickt zufrieden auf das diesjährige NaturkosmetikCamp zurück, das am 16. bis 18. Juni 2020 Corona-bedingt, erstmalig das online auf Zoom stattfand. Sein Resümee: „Sicher, es war definitiv anders und die persönliche Begegnung fehlte. Dennoch, die Stimmung war sehr gut und auch der fachliche Austausch auf einem sehr hohen Niveau! Wir werden uns deshalb wohl noch lange an dieses NaturkosmetikCamp 2020 erinnern.“
Das NaturkosmetikCamp 2020 auf zoom umfasste zwei Podiumsdiskussionen und 12 Sessions, die von den Teilnehmer*innen Barcamp-typisch auf die Agenda gewählt wurden. Die Vielfalt der Themen deckte eine große Bandbreite ab. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr waren Fachhandel und Möglichkeiten des E-Commerce. Rege diskutiert wurde auch das in der Branche noch vielfach ungenutzte Potenzial der Kommunikation über Video und Social-Media. Weitere Themen waren Rohstoffe - mit spannenden Einblicken in die Länder China und Peru - sowie Verpackung gab es viel Diskussionsbedarf. Das Thema „Naturkosmetik und Nachhaltigkeit in der Hotellerie“ konnte vorangebracht werden.
Podiumsdiskussion zur Zukunft des Handels, zu Megatrends und Rohstoffen
Bei der großen Podiums-Diskussion zum Thema „Die Zukunft des Handels“ waren sich die Sprecher*innen, Nele Ziehm (Bio-Großhandel Weiling), Christiane Wegger (Bio-Fachgeschäft Bio am Platz) und Roland Fink (Online-Shop Ecco Verde) einig: Die Corona-Krise hat uns vor große Herausforderungen gestellt, aber die Zeit wurde gut genutzt – auch für neue Ideen.
Mirja Eckert (THE NEW), stellte in ihrer Session die Megatrends in Korrelation mit der Naturkosmetik. Erstaunlich war, wie viele davon eine Chance für die Naturkosmetik darstellen – z.B. Gesundheit, Neo-Ökologie oder Individualisierung. „Nachhaltigkeit erreicht die nächste Stufe und wird nicht mehr als Trend, sondern als Muss in der Gesellschaft gesehen.“ Ein weiter so war gestern. Gerade auch kleine Marken können sich, dank digitaler Möglichkeiten, heute gut positionieren.
Stephan Becker (GRN, benecos) brach eine Lanze für den Fachhandel. Gerade den Bioläden ist oft das große wirtschaftliche Potential eines guten Naturkosmetik-Sortiments nicht bewusst. Wichtig ist, dass das Personal gut berät, der POS attraktiv ist und digitale Möglichkeiten genutzt werden. In dieser Session wurde auch eine konkrete Idee entwickelt, wie das gelingen kann. Man darf gespannt sein.
Franziska Breisinger (AOT), betonte in ihrer Session zum Thema Rückstände in Rohstoffen/Ölen, dass die Grenzwerte in der Kosmetik nicht so streng sind wie bei Lebensmittel. Eine offene Kommunikation mit Händlern und Lieferanten ist daher das A und O. Monitoringsysteme, Zertifikate und Analysen sind eine Unterstützung.
In den drei parallelen Sessions, an denen rund 70 Menschen teilnahmen, funktionierte der fachliche Austausch perfekt.
Tag 2: Online-Videos, analoge und digitale Kommunikation, Online-Shops, Naturkosmetik in der Hotellerie, China als Markt, Rohstoffe aus Peru
In sechs Sessions wurden viele Themen, die die Branche beschäftigen, diskutiert.
Jörg Pattis (Online Video Marketing) stellte klar, wie viele Potential gerade jetzt, da sich die Menschen immer mehr an die digitale Kommunikation gewöhnen, Online-Videos haben. Gerade für die Naturkosmetik, die oft erklärungsbedürftiger ist, eignen sich auch längere Videos auf YouTube oder IGTV (Instagram) oder auch regelmäßige Q&As über Zoom und Co., um auch direkt in Kontakt treten zu können. Aber auch Werte und authentische Geschichten können über Facebook, Instagram-Stories usw. effektiv, nachhaltig, zeit- und kosteneffizient kommuniziert werden.
Susan Kapfhammer (Organic Beauty Consulting) räumte in ihrer Session zum Thema „Wie gelingt der Brückenschlag zwischen analoger und digitaler Welt“ ein, dass Kanäle noch mehr miteinander verknüpft werden wollen. Gerade in der Kombination stationärer Fachhandel und Online sieht sie großes Potential. Unter den Teilnehmer*innen wurde rege diskutiert, wie man den steigenden Online-Aufwand bewältigen kann. Klargestellt wurde hier, wie wichtig es ist, dass es dafür verantwortliche Mitarbeiter*innen gibt, die diese Aufgabe nicht nur nebenbei erledigen. Vor allem jungen Menschen sollte man hier Chancen geben, sich einzubringen und sich zu entwickeln. Sie verfügen oft über großes technisches Know-how und eine lockere Herangehensweise. Bei aller Schnelligkeit und Leichtigkeit müssen aber auch Kommunikations-Strategie und das Corporate Wording beachtet werden.
Lisa und David Faber (Peritus Webdesign), diskutierten mit den Teilnehmer*innen nützliche Tipps, wie man auch als kleiner, regionaler Online-Shop gegen die großen bestehen kann. Fokus war die Suchmaschinenoptimierung und Social-Media. Leider ist es so, dass in der Regel heute ohne den Einsatz eines Budget keine große Reichweite mehr erzielt werden kann. Ein paar Euros reichen aber oft schon, um mühevoll gestaltete Posts sichtbarer zu machen – nicht nur bei potentiellen Kunden, sondern auch in der Community!
Mei Gräfe (Intergate Consulting) machte in ihrer Session einen großen Sprung nach China und stellte die Frage: „Was können wir vom chinesischen Kosmetik-Markt lernen, auch was die Resilienz von Unternehmen betrifft?“ Spannend war die Klarstellung, was Naturkosmetik in China überhaupt bedeutet. Konsument*innen stehen auf „natural & clean“ – also natürliche Herkunft und z.B. schadstoff- und allergenfrei. Siegel und Zertifizierungen haben wenig bis keine Bedeutung. Durch den Shutdown haben sich neue Kommunikationstrends etabliert. Beispielsweise Live Streamings über Social Media von Geschäftsführern, Influencern und Testimonials, mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit in die Marke zu stärken.
Carola Muschke (PromPeru) führte mit ihrer Session in die andere Richtung des Erdballs, nach Peru. Durch die Vielfalt der Vegetation bietet Peru viele Rohstoff-Schätze, die ein großes Potential für die Naturkosmetik darstellen. Der Lebensmittelmarkt läuft hier schon sehr gut, vor allem weil der Biologischen Landwirtschaft ein sehr großer Stellenwert eingeräumt wird. Sehr rege wurde diskutiert, wie sich Trends in den kommenden Jahren zwischen Besinnung auf Regionalität und der Lust nach fernen Schätzen entwickeln wird.
Rica Friedl (Obfrau der Biohotels und Inhaberin des Bayerischen Wirt) betonte in ihrer Session zur Naturkosmetik und Nachhaltigkeit in der Hotellerie, dass Naturkosmetik immer mehr in Kosmetik-Instituten, Day-Spas und eben der Hotellerie eingesetzt wird – sei es als Zimmerkosmetik oder im Spa- und Wellness-Bereich. Die Hersteller und Marken konnten hier erfahren, was die Hotellerie überhaupt braucht. Wünschenswert ist eine größere Auswahl an zertifizierter Naturkosmetik, speziell für die Hotellerie. Aber auch in Sachen Verpackungsvermeidung und Zero-Waste gibt es noch viel zu tun.
Beispiel für nachhaltige Verpackung
Tag 3: Nachhaltige Verpackung, Chemikalien in der Creme, die Naturkosmetik-Branche als Community
Inez Linke (oceanBASIS) stellte einige gängige Verpackungs-Möglichkeiten für Naturkosmetik vor. Sie gab aber auch zu bedenken, dass es aktuell noch keine wirklich zufriedenstellende Lösung gibt. Entweder es scheitert am Material (auch Glas oder Verpackung auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen hat Schwächen) oder am richtigen Recycling (liegt leider oft an der Faulheit der Konsument*innen). Ein Schritt in die richtige Richtung ist es, mit möglichst wenig Verpackung auszukommen. Leider wird aber heute allzu oft aufwändige Verpackung mit Luxus gleichgesetzt. Hier müssen wir als Community Aufklärung mit der richtigen Kommunikation leisten, gleichzeitig aber auch gemeinsam daran arbeiten, neue, noch nachhaltigere Lösungen zu implementieren.
David Hauck (Dr. Hauck R&D)gab den Teilnehmern Gelegenheit, Fachwissen über Kontaminanten in der (Natur)Kosmetik zu erlangen und sich auszutauschen. Es gibt unglaublich viele unerwünschte Stoffe, wie Pestizide, Alkaloide, Schwermetalle, Weichmacher, Emulgatoren, Konservierungsstoffe, Mineralölrückstände usw. Kontrollierter Bio-Anbau ist grundsätzlich besser, aber nicht komplett von Schadstoffen verschont. Die Qualität von Rohstoffen hängt vom Boden, Umwelteinflüssen und auch der Verarbeitung ab.
Elke Hockauf (Authentic Eco, Foto) machte sich mit den Teilnehmer*innen ihrer Session auf die Suche, was sich die Naturkosmetik-Community von einer gemeinsamen Plattform wünscht. Basis sind zuverlässige, ausführliche und aktuelle Informationen. Als größte Herausforderung wurde der Kreis der gewünschten Teilnehmer und die gemeinsame Wertefindung gesehen. Es gibt heute sehr unterschiedlich hohe Ansprüche, deswegen sollte die Community dabei helfen, Wissen zu bündeln und sich untereinander zu helfen, so der Wunsch.
Den Abschluss des fachlichen Austauschs bildete die Podiumsdiskussion „Naturkosmetikgemeinschaft und Solidarität – nicht nur in Zeiten von Corona“. Die Teilnehmer*innen Stephan Becker (GRN, benecos), Franziska Breisinger (AOT), Larissa Beck (peclavus), Carolin Haverkamp (KHK) und Elke Hockauf (Authentic Eco) erzählten sehr offen und auch emotional über Herausforderungen der letzten Monate und wie diese gemeistert wurden. Immer wieder wurde betont, dass gerade mit Menschlichkeit der Krise getrotzt wurde. Sei es mit Lieferanten und Partnern, wo Verträge noch mal an die jeweilige Situation angepasst werden konnten, Vertriebswege optimiert wurden oder auch die Mitarbeiter*innen viel Solidarität zeigten, zusammenzuarbeiten und trotz der schwierigen Zeit Kreativität bewiesen. Eines ist klar geworden: Die Naturkosmetik geht gestärkt aus der Krise hervor!
Fazit des Veranstalters und der Teilnehmer: "Das Camp hat gezeigt, dass auch Online der fachliche Austausch in der Community funktioniert. Zwei weitere Vorteile sind der verringerte Kosten- und Zeitaufwand, aber auch der kleinere ökologische Fußabdruck. ABER: Die Begegnung als ganzer Mensch kann nicht durch einer Online-Konferenz ersetzt werden. Wir sind keine Avatare, sondern Menschen. Wir brauchen Spontanität und die emotionale Begegnung auch abseits der Sessions – in den Pausen oder beim Abendprogramm."
Vivaness ab Minute 7:17
Aus dem Experiment NaturkosmetikCamp Online entsteht eine wichtige Erkenntnis für die Zukunft: Die Balance ist entscheidend. Mindestens einmal im Jahr muss man sich auch persönlich treffen, ob auf der Vivaness, dem Branchenkongress oder beim NaturkosmetikCamp. Dazwischen heißt es, sich auch auf neue Wege des Austauschs einzulassen.
Quelle: Danke an das NaturkosmetikCamp
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