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BÖLW zieht positive Jahresbilanz, fordert aber deutlich mehr Engagement vom Staat

Die aktuellen Branchenkennzahlen des BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft) haben wieder positive Vorzeichen. Zur Eröffnung der Biofach gab der Dachverband Zuwächse beim Umsatz mit Bio-Lebensmitteln sowie bei den ökologisch bewirtschafteten Flächen bekannt. Trotz der Erholung des Bio-Sektors in 2023 und positiven Vorzeichen, kommt die Transformation nicht so zügig voran wie geplant und Cem Özdemirs 30%-Ziel bis 2030 liegt noch in weiter Ferne. Der Beitrag der Bio-Unternehmen für Gemeingüter wie Böden, Gewässer, Artenvielfalt und Klima oder die ländliche Entwicklung werde viel zu wenig honoriert, beklagt der Verband. Bund und Länder müssten für ihre ambitionierten Bio-Ziele endlich die notwendigen Ressourcen bereitstellen, so die Forderung des BÖLW.


Die Statistik der AMI (AgrarMarktInformation stellte Diana Schaack auf der Biofach vor. Der Gesamtumsatz differiert mit 16,08 Mrd. Euro leicht im Vergleich zu den Berechnungen des BÖLW von 16,1 Mrd Euro (Foto Karin Heinze)


Bio wächst wieder

Der Gesamtumsatz mit Bio-Lebensmitteln konnte 2023 um 5% auf 16,1 Milliarden Euro zulegen. Im einzelnen sah die Bio-Marktentwicklung 2023 folgendermaßen aus:

Der Lebensmitteleinzelhandel steigerte seine Bio-Umsätze um 7,2% auf 10,8 Milliarden Euro und erreichte einen Marktanteil von 67%, davon entfielen 40% auf die Discounter. Drogeriemärkte kamen im Trockensortiment auf einen Marktanteil von 25% dank breitem Sortiment bei günstigen Preisen. Im Vergleich zu 2019 zeigte der klassische Lebensmitteleinzelhandel 2023 ein Bio-Plus von 47%. Das Plus über alle Einkaufsstätten hinweg lag im gleichen Zeitraum bei 31%.  

Bio-Läden und Bio-Supermärkte konnten 2023 leicht positive Umsätze von 0,2% verbuchen. Nach einer schwächeren ersten Jahreshälfte legte der Umsatz im zweiten Halbjahr deutlich zu. Der Bio-Fachhandel zeigte sich stabil mit einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro, zusammen mit den Non-Food-Sortiment ergab sich ein Umsatz von 3,8 Milliarden Euro.

Andere Einkaufsstätten wie Reformhäuser, Hofläden, Online-Handel, Wochenmärkte, Bäckereien und Metzgereien erzielten kleine Zuwächse von 2% und erreichten einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro. Nach einem Minus von 18% im Jahr 2022 ist das ein beachtliches Ergebnis. Besonders Lebensmittelhandwerk und Wochenmärkte sorgten für ein Plus.

Bei einer Gesamtinflationsrate von 9% für Lebensmittel im Jahr 2023 hatten Bio-Lebensmittel erneut eine bremsende Wirkung. Sie waren im Vergleich nur um 5% teurer.


Trends im Bio-Lebensmittelmarkt

Laut BÖLW und AMI lagen verpackte Backwaren, Süßwaren und Tiefkühlkost im Trend, aber auch Brotaufstriche, Feinkost und gekühlte Feinkost verzeichneten einen zweistelligen Umsatzzuwachs. Milchalternativen, die seit Jahren stark zulegen, gehörten mit einem Plus von 15% zu den Publikumslieblingen. Bei Bio-Frischeprodukten verzeichneten Käse und Wurst (vor allem in der verpackten Version) einen Anstieg der Verkaufsmengen von 6% bzw. 5%. Grund waren vor allem Neulistungen in Discountern. Der Anteil der Handelsmarken lag 2023 bei 56% des Bio-Umsatzes, 2022 waren es noch 52%.

Der Branchenreport 2024 des BÖLW mit detaillierten Analysen ist hier zu finden: https://www.boelw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Zahlen_und_Fakten/Broschuere_2024/BOELW_Branchenreport2024.pdf


Stabile Branche in anspruchsvollen Zeiten

BÖLW-Vorstandsvorsitzende Tina Andres kommentiert die Entwicklungen: „Das Plus der Bio-Lebensmittelwirtschaft bei Umsatz und Flächen zeigt, wie stabil die Branche auch in anspruchsvollen Zeiten ist.“ Um wachsende Herausforderungen zu meistern, forderte sie jedoch mehr Tempo bei der ökologischen Transformation, um die drängenden Krisen wie Artensterben und Klimawandel zu bewältigen und das Ernährungssystem zukunftsfest zu machen. „Mit ihrer Kreislaufwirtschaft ohne chemisch-synthetische Pestizide und mit ihrer artgerechten, flächengebundenen Tierhaltung trägt die Bio-Produktion maßgeblich dazu bei, Umweltschäden von 90 Milliarden Euro durch die Landwirtschaft in Deutschland zu reduzieren. Dieser Beitrag wird bisher aber viel zu wenig honoriert“, so Andres.


Förderung der Öko-Branche zum Erreichen der Klimaziele

Das Agrar- und Ernährungssystem ist aktuell für 25 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, deshalb brauche es – wie bei der Energiewende – auch für den Umbau von Lebensmittelerzeugung und -konsum endlich die politische Entschlossenheit und die Ressourcen, die dieser Dimension gerecht werden, erklärt Andres. Denn nach dem Scheitern der europäischen "Farm-to-Fork"-Strategie sei klar, dass die Ziele der Strategie, nämlich die Reduzierung von Düngemitteln, Antibiotika und Pestiziden, nur durch eine gezielte Stärkung der ökologischen Produktion erreicht werden können.

„Nur mit deutlich mehr Bio kann Politik gemeinsam mit der Wirtschaft sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern unser Ernährungssystem zukunftsfest machen.“    Tina Andres, BÖLW

Die Umfrage bei privaten Haushalten zum Bio-Konsum zeigt 2023 wieder eine leichte Steigerung im Vergleich zu 2021. Grafik aus dem BÖLW Branchenreport.


Bürokratie-Abbau und Umbau der Ernährungssystems

Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand BÖLW, fordert: „Politik muss Unternehmen, die in den notwendigen Umbau unseres Ernährungssystems investieren wollen, Perspektiven schaffen.“ Gleichzeitig müsse Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dafür sorgen, dass unsinnige Bürokratie bei der Agrarförderung abgebaut wird, denn Bio-Höfe erbringen bereits hohe Umweltleistungen. Der Fehler, dass sie seit 2023 nicht mehr „Green by Concept” sind, müsse rückgängig gemacht werden.

„Die mittelständische Bio-Ernährungswirtschaft, die es für resiliente Wertschöpfungsketten braucht, muss von Bürokratie entlastet und gezielt gefördert werden. Mehr Vielfalt auf dem Acker gibt es nur mit einer vielfältigen, dezentralen Bio-Verarbeitung!“ Peter Röhrig, BÖLW

Forschungsförderung für Bio-Züchtung

Bio-Züchtung, die darauf abzielt, dass Pflanzen ohne Pestizide auskommen und effizienter mit Dünger umgehen können, komme der gesamten Landwirtschaft zugute, erklärt Röhrig. „Bundesminister Özdemir hat zugesagt, 30 Prozent der Forschungsmittel für ökologische Forschung bereitzustellen, auch um die Bio-Züchtung zu stärken. Wenn das Forschungsministerium jedoch deutlich mehr Mittel für Gentechnikforschung als für innovative Bio-Züchtung bereitstellt, untergräbt dies die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung.“

„Mit ihren Deregulierungsplänen für neue Gentechniken wollen EU-Kommission und Europaparlament ein Agrar- und Ernährungssystem fortschreiben, das Klima und Artenvielfalt zerstört, stellt Tina Andres fest. „Statt weiter auf Heilsversprechen der Gentechnik-Lobby hereinzufallen, müssen EU, Bund und Länder den einzig funktionierenden Systemansatz stärken, der Ressourcenschutz in seiner DNA trägt und auch von den Verbraucherinnen und Verbrauchern akzeptiert und gewünscht wird – und Bäuerinnen und Bauern vor Patenten auf Saatgut schützt.”


Grafik aus dem BÖLW Branchenreport 24.


Entwicklung in der Bio-Landwirtschaft

Rund 1,94 Millionen Hektar, knapp 12 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen, werden ökologisch bewirtschaftet. Insgesamt gab es 36.535 Bio-Höfen in Deutschland.

> 80.459 Hektar  (+4,3%) mehr Fläche für Bio-Anbau auf insgesamt 1.940.301 Hektar Öko-Fläche. Zwei Drittel dieser Bio-Flächen erfüllten die strengeren Standards der Bio-Verbände und sind um rund 4,1% auf 1.234.022 Hektar gewachsen, jeder siebte Hof wurde ökologisch bewirtschaftet (14,3 Prozent).


Autorin: Karin Heinze



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