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Europas Top-Bio-Märkte: Deutschland, Frankreich, Italien, Schweiz

Deutschland bleibt der umsatzstärkste Bio-Markt Europas, Frankreich liegt auf Platz zwei und Italien auf Platz drei. Die Schweiz verzeichnet die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben. Anhand des vom Forschungsinstitut für Bio-Landwirtschaft FiBL und der internationalen Dachorganisation IFOAM Organics International herausgegebenen statistischen Jahrbuchs „The World of Organic Agriculture“ sowie verschiedenen Länderberichten, lässt sich die Entwicklung der Märkte gut abbilden. Die internationalen Daten betreffen das Jahr 2021. Zu einzelnen Ländern liegen aktuellere Zahlen und Analysen von 2022 vor. Der Artikel betrachtet die Märkte in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz. Die Gesamttendenz 2021/2022 zeigt eine verlangsamte bzw. rückläufige Entwicklung beim Bio-Absatz auf.

Das EU Bio-Siegel


Grundsätzlich standen die Zeichen nach dem Bio-Hype im Jahr 2020 global und in der Mehrzahl der europäischen Staaten weiterhin auf leichtem Wachstum. Der weltweite Umsatz mit Bio-Produkten (Einzelhandelsumsätze) erreichte 2021 knapp 125 Milliarden Euro und wuchs damit gegenüber 2020 noch einmal um 4 Mrd Euro. Davon fielen 46,7 Mrd Euro auf die 27 EU-Staaten (Europa 54,5 Mrd Euro) und 48,6 Mrd Euro auf die Vereinigten Staaten (Nordamerika 53,9 Mrd. Euro).


Deutschland ist weiterhin Europas größter Einzelmarkt

Obwohl die Zuwachsraten im zweiten Pandemie-Jahr 2021 gegenüber 2020 deutlich schrumpften, sie lagen nach 15% im ersten Corona-Jahr, 2021 nur noch bei bei einem Plus von 3,8% auf 15,87 Mrd. Euro. Im Jahr 2022 ging der Bio-Umsatz zwar erstmals nach vielen Jahren um 3,5% zurück. Laut Statistik des Arbeitskreis Biomarkt bleibt er jedoch mit 15,31 Mrd. Euro noch deutlich über dem Vor-Corona-Niveau von 14,99 Mrd Euro (2019). Der Umsatzanteil von Bio-Produkten im Markt liegt laut BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft) bei 7%.

Schlüsselt man die Umsätze nach Verkaufskanälen auf, wird deutlich, dass 2022 der deutsche Fachhandel sowie Hofläden und Märkte, Bäckereien und Metzgereien etc. herbe Rückgänge von -12,3% bei den Naturkostfachgeschäften (Anteil (20,5%) und -18,2% bei den sonstigen Absatzstellen (Anteil 12,9%) einstecken mussten, während der LEH mit einem Zuwachs von 3,2% auf 10,2 Mrd Euro seinen Bio-Marktanteil von 62,3% auf 66,6% ausbauen konnte. Diese Zahlen ermittelte der Arbeitskreis Biomarkt auf der Basis von GfK, Nielsen, biovista, Kommunikationsberatung Klaus Braun.

Deutschland bleibt weiter Spitzenreiter in Europa und ist nach den USA der zweitgrößte Bio-Markt weltweit. Mit Pro-Kopf-Ausgaben von 191€ (2021) liegt Deutschland allerdings in Europa auf dem 6. Platz, während die Schweizer Konsumenten mit 425€ (2020) die höchsten Bio-Lebensmittelausgaben hatten. Durchschnittlich gaben die Verbraucher in der EU-27 68,20€ jährlich für Bio-Produkte aus.

Die Entwicklung des deutschen Bio-Marktes 2022 (Foto: Karin Heinze)


Frankreich: Zweitgrößter Markt in Europa - Verbrauchervertrauen in Bio-Siegel sinkt

Mit einem Marktvolumen von 12,6 Mrd Euro (2021) ist Frankreich, nach Deutschland, der zweitgrößte Bio-Markt Europas, auch wenn er bereits im Jahr 2021 einen leichten Rückgang von 1,4% im Vergleich zu 2020 (12,77 Mrd €) verzeichnen musste. Die französische Agentur zur Entwicklung und Förderung des Bio-Marktes Agence BIO hat im März 2023 zum 20. Mal ihr Bio-Barometer veröffentlicht und stellt fest, dass das Vertrauen der Verbraucher in Bio-Siegel sinkt. Der Anteil der regelmäßigen Bio-Konsumenten ist 2022 im Vergleich zu 2021 um 16 Punkte gesunken, nur noch 60% der Franzosen gaben an, in den letzten 12 Monaten mindestens einmal pro Monat Bio-Lebensmittel konsumiert zu haben. Der Anteil der Personen, die innerhalb eines Jahres keine biologischen Lebensmittel konsumiert haben, hat sich seit 2021 fast verdoppelt und beträgt 17% im Jahr 2022. Auch wegen anderer Faktoren wie Inflation und gestiegenen Kosten in vielen Bereichen, halten sich die französischen Verbraucher mit dem Kauf von Bio-Produkten zurück, meinen Analysten, obwohl der Preis für Bio relativ stabil bleibt und als Inflationsbremse wirkt.

Bio-Barometer Frankreich, Agence Bio (Screenshot)


Verbraucher bemängeln Bio- Informationsdefizit

Überraschend sind die Ergebnisse der Bio-Barometer Umfrage: 52% der Befragten sind der Meinung, dass sie nicht genügend Informationen über die Herkunft von Bioprodukten haben, nur 37% glauben ausreichend informiert zu sein. Im Gegensatz dazu sind 82% der Franzosen der Meinung, dass der ökologische Landbau zum Erhalt der Umwelt, der Bodenqualität und der Wasserressourcen beiträgt, 60% glauben, dass der Biolandbau eine angemessene Bezahlung der Erzeuger ermöglicht. Was die biologisch bewirtschaftete Fläche angeht, gehört Frankreich mit 2,8 Millionen Hektar (2021) zur europäischen Spitzengruppe.

Auch in Frankreich erobert der LEH einen immer größeren Bio-Marktanteil. 2020 und 2021 blieb er allerdings stabil. Grafik Agence BIO/ANDI

Große Ambitionen bei Außerhausverpflegung

Was die Nachfrage in der Außer-Haus-Verpflegung betrifft, so investieren die Kantinen mit der Umsetzung eines Gesetzes, um ihr Ziel von 20% Bioanteil auf dem Teller zu erreichen, berichtet Agence BIO. Der Umsatz für Lebensmittel für Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung ist in Frankreich insgesamt fast 20 Milliarden Euro groß: Davon liegt der Bioanteil in der kommerziellen Gastronomie bei nur etwa 1,67%, in der Gemeinschaftsverpflegung bei ca 6,6% (377 Mio. Euro). Mit rund 80.000 Kantinen und 180.000 Restaurants in Frankreich sind dies zwei wichtige Wachstumsbereiche, in denen die Bio-Produkte der französischen Landwirte aufgenommen werden kann, analysiert Agence BIO.


Schweiz: Biokonsum nimmt zu - höchste Pro-Kopf-Ausgaben

„Der Markt mit Bio-Lebensmitteln hat sich im letzten Jahrzehnt von einem Nischen- zu einem wichtigen Absatz- und Trendmarkt mit 11,2 % Marktanteil entwickelt“, urteilt der Marktbericht Bio des Bundesamt für Landwirtschaft, Fachbereich Marktanalysen, vom März 2022.

Doch auch in der Schweiz wird eine ähnliche Entwicklung wie in Deutschland sichtbar und der Umsatz von Biolebensmitteln ging um 2,2% zurück, allerdings auch der Umsatz von Nicht-Biolebensmitteln, und zwar um 4,9%. Die Rückgänge erklärten sich vor allem mit der Normalisierung des Konsums nach dem Ende der Pandemie, heißt es. Bei der Betrachtung des Zeitraums von 2018 bis 2022 wird deutlich, dass die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln deutlich, um 22,5%, von 2,68 auf 3,28 Milliarden Franken gewachsen ist. Der Marktanteil von Biolebensmitteln am gesamten Lebensmittelumsatz im Schweizer Detailhandel erhöhte sich von 9,9% auf 11,2%.



Biokonsum beibehalten aber höhere Preissensibilität

Die repräsentative Umfrage bei rund 1000 Personen in der ganzen Schweiz veranschaulicht, dass der Preis von Bio-Lebensmitteln als wichtigste Kaufbarriere bewertet wird. Folge: Die Discounter entwickelten sich auf niedrigem Niveau zum zweitwichtigsten Verkaufskanal für Biolebensmittel, nach dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel (Analyse des Haushalts- und Retailpanels von NielsenIQ Switzerland).

Der Griff zum günstigeren Bio-Produkt könnte sich fortsetzen, sagen Fachleute. Tatsache ist, dass laut Biobarometer-Befragung des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL, beabsichtigt die große Mehrheit der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer, ihren Biokonsum auch zukünftig beizubehalten oder weiter auszubauen. Nur 16% der Teilnehmenden gaben an, dass sie aufgrund der steigenden Preise zukünftig weniger Biolebensmittel zu konsumieren wollen. Dennoch schätzen Experten, dass der Detailhandel sein Biosortiment weiter ausbauen wird. Denn, Biolebensmittel verfügen über ein positives nachhaltiges Image. Dieser Aspekt wird auch in Zukunft ein wichtiger Treiber für den Kauf von Biolebensmitteln darstellen, so der Bericht.


Italien: Der konventionelle Einzelhandel gewinnt

Das italienische Informationsportal Bio Bank hat Mitte März zum sechsten Mal „Fokus Bio Bank“ herausgegeben

(Issuu https://bit.ly/3k9L45o) . Die Bilanz der Bio-Umsätze im konventionellen Handel und in Bio-Fachgeschäften erfolge in einem immer komplizierteren Szenario, in dem sich die Herausforderungen mit einem Dominoeffekt vervielfachen, schreibt Bio Bank. Trotz allem wächst der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Italien weiter, wenn auch langsamer.

Der Markt, der sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat, vervierfachte sich der Bio-Umsatz in den Supermärkten im Jahr 2022 fast auf 2,3 Mrd. EUR (+263 % gegenüber 2013). Im historischen Kanal, den Bio-Fachgeschäften, sank er hingegen auf 0,9 Mrd. EUR (-15 % gegenüber 2013). „Innerhalb von zehn Jahren haben sich die Bio-Anteile der Einzelhandelskanäle im Gesamtmarkt umgekehrt. Bei den Supermärkten hat sich der Anteil fast verdoppelt (von 31 auf 58 %), bei den Geschäften hat er sich fast halbiert (von 53 auf 23 %), was mit den Entwicklungen in Frankreich und Deutschland übereinstimmt“, kommentiert Rosa Maria Bertino, Mitbegründerin von Bio Bank. Damit einhergeht ein Ladensterben im Fachhandel: Im Jahr 2021 sank die Zahl der Bioläden auf 1.240, was einem Rückgang von insgesamt 13,7 Prozent in vier Jahren entspricht. Einen drastischen Rückgang gab es auch bei der Zahl der Läden, die an Fachhandelsketten angeschlossen sind: Sie sank um 35 % auf 434 Geschäfte.

Im italienischen LEH sind 6000 Bio-Produkte als Handelsmarke vertreten. Grafik entnommen aus Focus Bio Bank 2022

Bio boomt im LEH

Der schon seit einiger Zeit zu beobachtende Trend zur Verlagerung der Einkäufe in den Lebensmitteleinzelhandel hat sich 2022 weiter verstärkt, schreibt Bio Bank. Es komme geradezu zu einer Bio-Explosion in Supermärkten und Verbrauchermärkten. Das gelte auch für Bio-Eigenmarken, die europaweit im Kommen seien. In den 26 von der Bio Bank untersuchten Ketten (24.000 Verkaufsstellen) gibt es mehr als 22.000 Bio-Produkte, davon 6000 Eigenmarken. Coop steht mit 1.050 Bio-Referenzen an erster Stelle, Dm mit 573 an zweiter, Selex mit 421 an dritter Stelle.

Bio Bank merkt kritisch an: „Bio ist und bleibt für den Einzelhandel von strategischer Bedeutung. Aber was nützt es, den Markt zu erobern, wenn man seine Seele und seine Vision verliert. Als Grund für LEH-Bio werde immer wieder Bequemlichkeit angeführt, doch sei es von enormer Wichtigkeit, dass der Fachhandel weiterhin authentische, innovative Bio-Produkte zu ehrlichen Preisen anbiete.


Der Focus Bio Bank - Supermärkte & Fachhandel 2022, kann auf Issuu https://bit.ly/3k9L45o kostenlos gelesen werden. Artikel auf dem Bio Bank Blog https://bit.ly/3xym4I5


Autorin: Karin Heinze, BiO Reporter International


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