Gentechnik-Deregulierung: EU-Parlament muss Wahlfreiheit retten
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In einer Probeabstimmung votierte heute eine knappe Mehrheit der EU-Staaten für die Abschaffung der Gentechnik-Kennzeichnungspflicht und weitere Aufweichungen der Regeln für neue Gentechnik (NGT), Deutschland enthielt sich. Nun liegt es am EU-Parlament im neuen Jahr gegen die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht zu stimmen und so das für Erzeuger, Verbraucher- und Lebensmittelwirtschaft fatale Gesetz zu Fall zu bringen.

Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) erklärt: „Jetzt muss das Europaparlament (EP) die Gentechnik-Kennzeichnung retten. Es kann bei seiner Abstimmung Anfang 2026 den Gesetzesvorschlag immer noch kippen. Genau das sollten die Europaabgeordneten tun, schließlich haben sie in ihrer schon 2024 beschlossenen Mehrheitsposition gefordert, die Gentechnik-Kennzeichnungspflicht beizubehalten und Patente auf Gentechnik-Pflanzen auszuschließen – beides steht im Widerspruch zum vorliegenden Vorschlag.“
Lob für die deutsche Enthaltung
In Bezug auf die deutsche Haltung sagt Hissting: „Es ist richtig und wichtig, dass Deutschland der unausgegorenen und wirtschafts- und verbraucherschädlichen Abschaffung der Gentechnik-Kennzeichnungspflicht in der EU nicht zugestimmt hat. Die Bundesregierung sollte jetzt ihr ganzes politisches Gewicht zum Schutz von Wirtschaft und Verbraucher:innen in die Waagschale werfen, um die Gentechnik-Deregulierung trotz der heutigen Mehrheit bei der Probeabstimmung in Brüssel noch zu stoppen.“ Ein erfreuliches Signal sei es, dass die Bundesregierung nach langem Zögern und etlichen Appellen unter anderem von Rewe, dm, Alnatura und vielen weiteren Lebensmittelunternehmen der Gentechnik-Deregulierung nicht zugestimmt hat. Insbesondere Umweltminister Schneider und Justizministerin Hubig (beide SPD) haben sich sehr klar geäußert. Bemerkenswert sei auch, dass selbst das CSU-geführte Bundesforschungsministerium die Interessen von Unternehmen, Landwirtschaft sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern mit in seine Abwägung einbeziehe, so Hissting.
Mehrheitsfindung im Rechtsaußenlager?
Die Abstimmung im EU_Parlament hat auch eine brisante politische Dimension, die Hissting kommentiert: „Die Europaabgeordnete Jessica Polfjärd (EVP), Verhandlungsführerin in Sachen NGT, sollte sich hüten, für eine Zustimmung des EP zur Deregulierung auf die Unterstützung von Rechtsaußen-Abgeordneten zu setzen. Dabei ist vor allem auch ihr Fraktionsvorsitzender Manfred Weber (CSU/EVP) aus Deutschland gefragt, der 2024 abweichend von seiner eigenen Fraktion selbst gegen die Deregulierung gestimmt hatte. Im Zweifelsfall muss Markus Söder ihm klarmachen, dass Mehrheiten mit Hilfe von rechts außen niemals eine gute Idee sind.“
Bio-Branche fordert EU-Parlament zur Rettung auf
Vom politischen Risiko der „Gentechnik-Entfesselung“ ist die Rede in einer Pressemeldung des Bio-Spitzenverbandes BÖLW. Vorstandsvorsitzende Tina Andres kritisiert den heutigen Beschluss des Ausschusses der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten (AStV) zur Deregulierung neuer Gentechniken (NGT)scharf: „Die EU-Staaten haben heute gezeigt, dass sie mehrheitlich glauben, man könne die Natur durch Technik zähmen, statt auf die ihr innewohnenden Lösungen zu vertrauen. Dass man mit der Natur sichere Lebensmittel erzeugen kann, zeigen Bio-Landwirtinnen und -Landwirte eindrucksvoll.“ Die Mitgliedstaaten hätten damit gegen die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger nach Transparenz über die Zusammensetzung ihrer Lebensmittel und gegen die Bedürfnisse der europäischen Land- und Lebensmittelwirtschaft entschieden, erklärt Andres. „Die Abgeordneten des Europaparlaments müssen gegenhalten! Andernfalls dürften künftig in Europa vielfach gentechnisch veränderte Pflanzen ohne jede Risikoprüfung und ohne Kennzeichnung in die Umwelt entlassen werden. Globale Konzerne bekämen mit Patenten die Kontrolle über das Saatgut und damit über unsere Ernährung. Das ist ein politisch riskanter Weg in Zeiten globaler Krisen.“ Gut sei, dass Deutschland der Mehrheitsposition im Rat nicht zugestimmt habe. Doch sollte die Deregulierung des Gentechnikrechts kommen, muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass Bio-Unternehmen in Deutschland dadurch nicht belastet werden, sondern weiter ihre wichtigen Beiträge für den Schutz unserer Ressourcen und die wirtschaftliche Entwicklung leisten können“. Andres stellt für die Bio-Branche klar: „Wir werden auch künftig ohne gentechnisch veränderte Organismen wirtschaften, weil wir mit der Natur und nicht gegen sie arbeiten. “
Autorin: Karin Heinze, BiO reporter International
Quellen: VLOG und BÖLW










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